Freundschaftskreis Norwich - Koblenz

Deutsch - Britischer Club e.V.

 

Norfolk - Nelson's own County

  http://de.wikipedia.org/wiki/Norfolk Wissenswertes zur Grafschaft Norfolk
  http://www.scenicnorfolk.co.uk/index.html Infos und Bilder von der Grafschaft Norfolk und Norwich
 

http://www.visitnorfolk.co.uk

Touristische Informationen zu Norfolk
  http://www.broads.co.uk/ die Seenplatte nördlich von Norwich ist einen Besuch wert!
  http://www.edp24.co.uk/ Homepage der regionalen Zeitung "Eastern Daily Press", mit vielen weiterführenden Links

God drew a map of England
and planted hill and wood
He looked on stream and headland
and saw that it was good
Pushed far into a corner
He left a far domain
Heath, down, fen and broadland
Rich pasture and grain
...
It's on the road to nowhere
Travellers pass it by
Nobody comes to Norfolk
without a reason why

(Song of Norfolk by F.C.Oakley)

Kazuo Ishiguro schreibt in seinem Roman Never let me go (p. 60) über Norfolk: "You see, because it's stuck out here on the east, on this hump jutting into the sea, it's not on the way to anywhere. People going north and south they bypass it altogether. For that reason, it's a peaceful corner of England, rather nice. But it's also something of a lost corner..."

Norfolk wird oft als flach und uninteressant abgetan und da es auf einer Ausbuchtung liegt, die nirgendwohin führt, gerät es leicht in Vergessenheit. So schnell sollte man das nicht tun - es gibt über 200 Meilen Küstenlinie mit vielen langen fast verlassenen Stränden, mittelalterlichen Kirchen, die von reichen Schafshändlern gebaut wurden, mit Sandringham eine königliche Residenz und den Geburtsort von Britanniens größten Seehelden. Admiral Lord Nelson, berühmt wegen seiner Siege über die Franzosen in den Napoleonischen Kriegen und vielleicht noch berühmter wegen seiner Liebesaffäre mit Lady Hamilton wurde in Burnham Thorpe geboren und ging in die Norwich School neben der Kathedrale.
Norfolk hat es das trockenenste Klima des UK. Hier war die Heimat des Wollhandels bis diese Industrien durch die Mechanisierung nordwärts wanderten. Da Feuerstein als einziges Baumaterial in Norfolk vorkommt, sind die Kirchen meist aus Flint erbaut und Privathäuser werden mit Flintverzierungen versehen. Ein neuerer Trend ist, dass die Londoner Norfolk entdeckt haben und hier Wochenendhäuser kaufen oder ganz hierher ziehen, was natürlich die Preise in die Höhe getrieben hat. Norfolk hatte auch einen Star, der 1966 mit seinem Hit "Hev Yew Gotta Loight, Boy?" neun Wochen in den Charts war, sogar mehr als die Beatles verkaufte und ein paar Wochen ein nationaler Begriff wurde. Allan Smethurst, von Beruf Briefträger, wurde bekannt als der ‚Singing Postman'. Er nahm insgesamt 80 Titel auf, alle im Norfolk Dialekt wie z.B. I Miss My Miss from Diss und Oi Can't Get a Noice Loaf of Bread. Danach war er wieder in der Versenkung verschwunden und starb 2000 als Alkoholiker in der Obhut der Heilsarmee in Grimsby in Lincolnshire.

Sandringham
Burnham Thorpe
Blickling Hall

In East Anglia gibt es viele Flugplätze, von denen heute die meisten nicht mehr in Betrieb sind. Das ist damit zu erklären, dass im Zweiten Weltkrieg befürchtet wurde, dass die Deutschen hier versuchen würden zu landen. Außerdem war es relativ einfach auf dem durchwegs flachen Gelände Rollbahnen anzulegen. Ein großer Flughafen ist Mildenhall, das der RAF gehört und wo bis 1991 die "United States Air Force 100th Air Refueling Wing" mit 16.000 Personen stationiert war. Der Bestsellerautor Frederick Forsyth, der viele Jahre als Journalist bei Eastern Counties Newspapers in Norwich gearbeitet hat, beschreibt mysteriöse Vorgänge um einen dieser stillgelegten Flugplätze in seinem Roman "The Shepherd" sehr detailliert.
Auf einem in der Nähe von Norwich gelegenen Airfield in dem kleinen Ort Hethel bei Wymondham, das im Zweiten Weltkrieg ebenfalls von den Amerikanern genutzt wurde, werden heute rasante Sportwagen gefertigt. Die Lotus Engineering Ltd. wurde von dem Ingenieur Colin Chapman (1928-1982) gegründet. Er studierte am University College in London, wo er Mitglied des University Air Squadron wurde und fliegen lernte. Nach dem Studium war er kurz in der Royal Air Force und kannte daher den ‚RAF Hethel'. Er mietete das Gelände, verlegte den Firmensitz hierher und nutzte Teile der alten Landebahn als Teststrecke. Zwischen 1962 und 1978 gewann das Team Lotus sieben ‚Formula One World Championships', plus dem "Indianapolis 500" in den Vereinigten Staaten. Daneben hat Lotus Cars Zehntausende von erschwinglichen Sportwagen hergestellt, die er getreu seiner Philosophie ‚performance through lightweight' in Zusammenarbeit mit Hochtechnologie fertigte. Damit war er einer der wenigen britischen Autoproduzenten nach dem Niedergang der Automobilindustrie in den 1970er Jahren. Nach seinem frühen Tod 1982 wurde die Firma 1986 von General Motors gekauft und landete später bei Perusahaan Otomobil Nasional Bhd (Proton), einem malaysischen Autohersteller. Traditionell beginnen alle Modelle mit einem "E" nach dem ersten Buchstaben seiner Ehefau, wie die Modelle ‚Elise', ‚Esprit', ‚Exige', ‚2-Eleven', ‚Europe'.
Ich habe die Firma in den 1980er Jahren besichtigt zusammen mit einem Ehepaar aus Kalifornien, die Lotus ‚sammelten' ("I think I have about 16"). Die Fertigung war in den alten Hangars untergebracht und geschah meist noch traditionell von Hand. Die Ledersitze wurden mit alten Nähmaschinen genäht und der ‚Tea Mug' war ein wichtiges Utensil bei den Arbeitern. Die Kunststoffkarosserien wurden fertig angeliefert und hier nur noch auf das fertige Fahrwerk montiert.

Die Norfolk Broads sind ein Netz von schiffbaren Flüssen und Seen, die lokal als ‚Broads' bezeichnet werden und die sich nordöstlich von Norwich bis nach Suffolk im Süden erstrecken. Der Begriff leitet sich wahrscheinlich von "a broad stretch of water" her. Als ich das erste Mal hier war, erzählte unser Führer eine kleine Anekdote. Im Zweiten Weltkrieg waren hier viele amerikanische Soldaten stationiert, da man eine deutsche Invasion in dieser Gegend fürchtete. Sie meldeten sich freiwillig hierher, um dann dort die Einheimischen zu fragen, "Where are the broads?" (‚broads' = Mädchen im Amerikanischen).
Die Broads umfassen ungefähr 300 qkm, es gibt 7 Flüsse und ungefähr 50 Seen, die meist weniger als 4 m tief sind, nur 13 sind für Boote freigegeben. Viele Jahre glaubte man, dass sie natürlich entstanden sind, bis in den 1960er Jahren Dr. Joyce Lambert nachweisen konnte, dass sie künstlich durch Torfstechen entstanden sind. Schon die Römer hatten den Torf abgebaut und die Mönche des Mittelalters verkauften ihn nach Norwich und Great Yarmouth. Dann begann der Meeresspiegel zu steigen und überflutete die Gruben. Trotz Windmühlen und Deichen ging die Überschwemmung weiter und es entstand die typische Landschaft der Broads mit Reet, Marschland und Sumpfwäldern, wie man sie heute kennt. Seit dem 20. Jh. sind sie ein beliebtes Urlaubsgebiet. Das traditionelle Transportschiff war das ‚Norfolk Wherry', das man noch vereinzelt sehen kann. Durch den ‚Norfolk and Suffolk Broads Act' von 1988 wurden die Broads unter Landschaftsschutz gestellt. Die Urlauber können hier Wohnboote mieten, mit denen sie dann über die Seen fahren können. Zentrum ist Wroxham, wo man bei Roys of Wroxham ‚the out of town shopping experience' die nötige Verpflegung im ‚largest village store in the world' kaufen kann.
Die Hauptflüsse sind der River Yare mit seinen direkten Nebenflüssen, dem River Bure, Thurne, Ant, Waveney, Chet und Wensum. Die größeren Seen sind Hickling Broad, Barton Broad und Breydon Water. Man kann auch bis ins Meer segeln über den River Waveney und seine Verbindung mit Oulton Broad neben Lake Lothing, der wiederum mit dem Meer durch den Hafen von Lowestoft verbunden ist.

Windmill
Wroxham
Wroxham Broad


"Oh, you haven't been to Blickling Hall?," war der erstaunte Ausruf, als ich einmal verriet, dass ich es nicht kenne. Daraufhin hatte ich in einem Jahr gleich dreimal die Gelegenheit, dieses Versäumnis nachzuholen. Blickling Hall gehörte einst der Boleyn Familie, deren berühmteste Kind Anne wahrscheinlich hier geboren wurde - falls das vor 1505 geschah. Da sie aber wahrscheinlich 1507 geboren wurde, war es wohl in Hever Castle in Kent, wohin Sir Thomas Boleyn gezogen war. Trotzdem findet man eine Statue und ein Porträt von Anne in Blickling mit der Inschrift ‚Anna Bolena hic nata 1507'. Der jetzige Besitz wurde im 17. Jahrhundert erbaut, nachdem Sir Henry Hobart, ‚Lord Chief Justice of the Common Pleas and 1st Baronet' 1616 die Ruine gekauft hatte. Im Zweiten Weltkrieg diente das Haus als Offiziersmesse für den nahegelegenen RAF Oulton. Damals ging das Haus an den National Trust über. Es wurde bis 1960 vermietet, restauriert und 1962 eröffnet. Die Bücherei von Blickling umfasst einer der historisch bedeutendsten Sammlungen von Manuskripten und Büchern in England. Das wichtigste Manuskript, was mit dem Haus in Verbindung gebracht wird, sind die ‚Blickling Homilies', einer der frühesten Beispiele umgangssprachlicher Predigten ("of English vernacular homiletic writings"). In einer Zusammenstellung des National Trust wurde es als "the most haunted house in Britain" beschrieben.

An der A 148 von King's Lynn nach Cromer liegt nahe dem Dorf Hapley Houghton Hall, ein Landsitz, der für den ersten britischen Premierminister Sir Robert Walpole gebaut wurde und in typischer Palladian-Architektur erstellt wurde. Das Haus besteht aus einem rechteckigen Hauptblock mit einem weiteren Geschoss für Schlafzimmer und Dachboden. Zwei niedrigere Flügel sind durch Kolonnaden angeschlossen. An jeder Ecke befinden sich Kuppeln. Streng nach palladischen Regeln ist das Innere farbenfreudiger und üppiger als das Äußere. Das Haus beherbergte einst Sir Robert Walpoles großartige Bildersammlung, die die Nachkommen zur Tilgung von Schulden an Katherina die Große in Russland verkauften. Der Besitz ging 1797 an die Cholmondeleys über und gehört heute dem Siebten Marquess of Cholmondeley. Als Lord Great Chamberlain ist er zusammen mit dem Duke of Norfolk ("the Earl Marshal") einer der beiden Hereditary Peers, die ihren Sitz im House of Lords nach dem ‚House of Lords Act' 1999 behalten haben. Bei unserem Besuch des Hauses wurden wir auch von der Dame des Hauses persönlich bedient, was sich besonders darin zeigte, dass unser ‚Cream Tea' etwas bescheiden ausfiel. Auch die Ausstattung des Hauses konnte nicht sehr überzeugen, da es ein bunt zusammengewürfeltes Mobiliar enthielt.

Felbrigg Hall ist ein Landsitz aus dem 17. Jh. nahe Felbrigg, bekannt wegen seiner Jacobinischen Architektur und dem schönen georgianischen Inneren, teilweise im Besitz des National Trust. Der West Garden ist im Stil eines typischen Victorian Pleasure Ground um eine Orangerie aus dem 18. Jh. angelegt. Um das Spiel zwischen Licht und Schatten zu betonen, wurden hier und da dunkle Gehölze in den formalen Rasen eingefügt. Im Garten stehen eine Reihe von Bäumen aus Nordamerika wie Roteiche und ‚Western Red Cedars'. Im Obstgarten wurden verschiedene Obstsorten angepflanzt, von denen man wusste, dass sie im 19. Jh. hier angebaut wurden. Felbrigg Hall war einmal eines der größten Besitztümer in Norfolk. Heute umfasst es ungefähr 7 qkm Park und den "Great Wood" um das Herrenhaus.

Norfolk Lavender
King's Lynn
Holkham Hall

 

Durch eine Einladung der Chorleiterin Angela Dugdale der ‚Broadland Singers' zu einem Konzert lernten wir Holkham Hall an der Nordküste von Norfolk kennen. Es handelt sich um ein Landhaus aus dem 18. Jahrhundert, das im Palladian Stil für Thomas Coke, den ersten Earl of Leicester erbaut wurde. Das Äußere von Holkham kann man am besten als riesigen römischen Palast beschreiben. Der Besitz wurde 1609 von Sir Edward Coke, dem Gründer des Familienreichtums, gekauft. Es ist bis heute die Heimat der Coke-Familie, der Earls of Leicester of Holkham, geblieben. Der riesige Park wurde 1729 begonnen. Der Beginn der Bauarbeiten wurde durch einen Obelisk markiert, der an der höchsten Stelle des Parks steht und es wurden Tausende von Bäumen gepflanzt. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Park auf die heutigen 1214 ha erweitert und weitere Millionen von Bäumen gepflanzt. Außerdem wurden mehr als 50 Farmen und Farmgebäude auf dem Gelände errichtet. Die Gestehungskosten von Holkham sollen bei £ 90.000 gelegen haben, was inflationsbereinigt heute ca. £ 8 Mio entspricht. Diese riesige Summe ruinierte die Erben des ersten Earls, hatte aber den Vorteil, dass sie kein Geld hatten, das Haus umzubauen, so dass der bauliche Zustand noch so ist wie bei seiner Fertigstellung 1764. Der Besitz umfasst heute 10.117 ha.

King's Lynn ist auch als ‚Bishop's Lynn', ‚Lynn Regis' oder einfach ‚Lynn' bekannt, wobei ‚lynn' das keltische Wort für ‚lake' ist. King's Lynn liegt auf dem Ostufer des River Great Ouse fast dort, wo er in den Wash fließt. 10 km nordöstlich von der Stadt liegt Sandringham House, der Besitz der Königsfamilie in Norfolk. Die Stadt wurde bekannt, als Bischof Herbert de Losinga 1101 mit dem Bau der St Margaret's Church begann. Da die Stadt im 12. Jahrhundert zum Manor des Bishop of Norwich gehörte, hieß sie einfach Bishop's Lynn. Im 14. Jahrhundert hatte die Stadt den drittwichtigsten Hafen in England, den wichtigsten für den Handel mit Kontinentaleuropa. Es existieren noch zwei Lagerhäuser aus dem 15. und 17. Jahrhundert, die zu einer Faktorei der Hanse gehörten. Bei der Auflösung der Klöster kam King's Lynn in den Besitz des Königs, daher der Name. Die Stadt wurde durch den Export von Getreide reich, Zeugnis davon ist das "Customs House" von 1683. Die Stadt verfiel danach und wurde nur durch den Bau der Eisenbahn 1847 gerettet. Die imposantesten Gebäude sind die Guildhall (1421) und das Rathaus (1895) mit einer Fassade aus Feuersteinen im Schachbrettmuster. Es gibt drei imposante Kirchen, All Saints' Church, St. Margaret's (mit dem Wappen der Queen Mum, die hier zum Gottesdienst ging) und St Nicholas' Chapel mit einem der schönsten Plätze in England. Die Stadt war immer ein Zentrum für den Fischfang und fischverarbeitende Industrien, außerdem gibt es Glasherstellung.

Norfolk Lavender Ltd. in Heacham wurde 1932 gegründet. Linn Chilvers, Sohn eines Botanikers, stellte die Pflanzen (13.000) und Arbeitskräfte, Francis Dusgate von Fring Hall das Land (2,5 ha). 1936 erwarb Dusgate Caley Mill am Fluß Heacham, pflanzte dort Lavendel an und verkaufte ihn an Vorbeifahrende. Ein Chemiker aus Leicester, Mr Avery, verfolgte dies mit Interesse und erzählte Linn, daß er ein Rezept für Lavendelparfüm hätte, das für König Georg IV. hergestellt wurde. Sie kamen überein, gemeinsam die Formel zu nutzen und viele Jahr kam Mr. Avery nach Norfolk, um die Essenzen zu mixen. Nach seinem Tod wurde das Rezept von ‚Norfolk Lavender Ltd.' gekauft. Die Mühle verfiel und wurde erst 1953/54 und 1977/78 wieder restauriert. In den 1990er Jahren wurde das Angebot ausgeweitet und andere typisch englische Geruchspflanzen hinzugenommen. Sie werden nicht nur in England, sondern in der ganzen Welt verkauft. Das Markenzeichen der Firma ist die Unterschrift des Firmengründers, die alle Produkte ziert.

Sandringham House und 3.200 ha Land in der Nähe von Sandringham sind im Besitz der Königsfamilie. 1771 wurde Sandringham Hall erbaut und im 19. Jahrhundert umgebaut mit einer eleganten Eingangshalle und einem Gewächshaus. 1862 wurde es von Queen Victoria auf Bitten vom Prince of Wales, dem späteren Edward VII., für sich und seine Braut Alexandra gekauft. Drei Jahre später wurde das Gebäude abgerissen, da es dem Prinzen für seine Bedürfnisse zu klein war. Das Ziegelsteinhaus war 1870 fertig in einem nicht recht gelungenen Stilmix. Die Gallerie in der Eingangshalle wird für Feiern genutzt, später kam ein Anbau mit einem Ballsaal hinzu, der einen zusammenhängenderen Stil zeigt. Sehr modern für diese Zeit waren Gaslampen, Wasserspülung und Duschen. Es gab Erkerfenster, die viel Licht ins Innere ließen, aber die Wohnräume waren recht eng. Es ist für Königin Elisabeth zur Gewohnheit geworden, daß sie den Todestag ihres Vaters und den ihrer Thronbesteigung mit ihrer Familie hier verbringt. Traditionell wird von hier ihre Weihnachtsansprache übertragen. Das Haus steht seit 1977 zur Besichtigung offen, allerding kann man (enttäuschenderweise) nur einen kleinen Teil der Räume (für einen größeren Eintrittsbetrag) besichtigen. Diana, ‚Princess of Wales', wurde 1961 in Park House geboren. In einem abgelegenen Teil vom Sandringham Estate liegt Wood Farm, ein bescheideneres Haus, das der Duke of Edinburgh gelegentlich bei Jagdwochenenden oder Jagdgesellschaften bezieht. Auch die jüngeren Mitglieder der Königsfamilie feiern hier, geschiedene Ehepartner werden gern in den Ferien untergebracht, so dass sie ihren Kindern nahe sein können, ohne offiziell bei der Queen in Sandringham zu sein.
Michael Dixon, früherer stellvertretender Polizeichef in Norfolk, erzählte mir aus seiner Zeit als ‚Policeman on the Beat', dass örtliche Polizisten hier immer Dienst versehen mussten, wenn die Königin in Sandringham war. Das war recht langweilig für sie, weil man oft stundenlang in der Kälte stehen musste, jedoch sobald die Königin kam, Haltung annehmen musste. Eines Tages kamen zuerst die Corgis aus dem Haus gestürzt und ein wachhabender Polizist warf ein Stöckchen auf den zugefrorenen See. Einer der Corgis rannte hinterher und brach auf dem dünnen Eis ein. In Todesangst sprang der Polizist hinterher und rettete den Hund - woraufhin er von der Königin ine Rettungsmedaille bekam.

An der Nord-Norfolkküste liegen eine Reihe kleiner Ortschaften, u.a. Blakeney Point mit einer Landzunge ins Meer als Brutstation für Seehunde und mit Nistplätzen für Seevögel, die zum Schutz teilweise eingezäunt sind. Zur Brutzeit ist das gesamte Areal abgesperrt.
Sheringham hat 7.143 Einwohner, die hauptsächlich von Landwirtschaft und Fischfang, vor allem Krabben, Hummer und Seeschnecken, leben. Sheringham entwickelte sich mit dem Bau der ‚Midland and Great Northern Joint Railway Line' im späten 19. Jahrhundert und die meisten Häuser stammen aus dieser Zeit. Von Sheringham verkehrt die ‚North Norfolk Railway' ("Poppy Line"), eine private Eisenbahnlinie, nach Holt.

Cromer Pier
Great Yarmouth Pier


Cromer, 7.749 Einwohner, ist immer wieder ein lohnendes Ziel, da es sich noch viel von seinem alten Charm bewahrt hat. Es wurde im 19. Jahrhundert Seebad, als mehrere reiche Bankiersfamilien aus Norwich hier ihren Urlaub verbrachten. Der spätere Edward VII. spielte in Cromer Golf. Bekannt ist die spätviktorianische Pier, auf der sich das Pavilion Theatre (510 Sitzplätze) mit seiner berühmten ‚End of the Pier Show', dem "Seaside Special" befindet und das ganze Jahr geöffnet ist.1883 besuchte der Londoner Journalist Clement Scott Cromer und schrieb über ‚Poppyland', wie er den Küstenabschnitt zwischen Overstrand und Sidestrand nannte, was viele weitere Besucher brachte. Der Name bezog sich auf die Mohnblumen, die hier üppig wuchsen, Wildpflanzen der Opiumpoppies, die früher kommerziell angepflanzt wurden. Die Besucher kamen vorwiegend mit der Eisenbahn am früheren Bahnhof Cromer Beach an, der heute einfach ‚Cromer' heisst. Die Züge kamen aus London, Manchester, Leicester, Birmingham, Leeds, Peterborough und Sheffield, heute ist jedoch davon nur ein Zubringerdienst nach Norwich übriggeblieben.
Die Stadt ist berühmt für seine Krabben, die eine größere Einkommensquelle für die Fischer darstellen. Bis ins 20. Jahrhundert wurde das ganze Jahr gefischt, Krabben und Hummer im Sommer, Hering im Herbst und Kabeljau im Winter, wenn es das Wetter erlaubte. Das hat sich in den letzten 30 Jahren erheblich verändert und konzentriert sich heute fast ausschließlich auf Krabben und Hummer. Die Fischer waren auch als Mannschaft der beiden Rettungsboote bekannt. Am bekanntesten ist Henry Blogg, der dreimal die Goldmedaille und dreimal die Silbermedaille für Heldentum der ‚Royal National Lifeboat Institution' (RNLI) bekam. ‚Cromer Lifeboat Station' wurde 1804 gegründet, in den 1920er Jahren wurde sie am Ende der Pier gebaut, so dass das Rettungsboot jenseits der Brecher zu Wasser gebracht werden konnte. Rettungsaktionen machten das Rettungsboot und die Stadt weit über England hinaus bekannt. Der Bereich, den sie abdeckt, geht von Great Yarmouth im Südosten (65 km) bis Wells-next-the-Sea im Westen (40 km). Die Pier hat eine lange Geschichte, angeblich gab es bereits 1391 eine Pier oder eine Schiffsbrücke. Der letzte Anlegesteg aus Holz wurde 1846 gebaut, der 70 m lang war. Rauchen war nur nach 21.00 Uhr erlaubt, wenn erwartet werden konnte, dass sich die Damen zurückgezogen hatten. Stürme beschädigten die Pier so stark, dass sie abmontiert werden musste. 1901 wurde eine neue Pier mit einem Pavillon eröffnet. 1953 wurden der Pavillon und die Pier durch verheerende Stürme zerstört, mit Regierungsgeldern konnte allerdings die neue Pier 1955 eröffnet werden. 1978 wurde in Partnerschaft mit Richard Condon das erfolgreiche ‚Seaside Special' geschaffen. 1990 wurde die ‚Amusement Arcade' zerstört und 1993 zerstörte eine 100 t Bohrinsel die Pier und ließen die Rettungsstation und das Theater isoliert stehen. Die Pier wurde jedoch wieder hergestellt. 2004 wurden die Sitze im Pavillon auf 510 erweitert und ein Restaurant eröffnet.

Der Nachbarort Overstrand liegt zwei Meilen östlich von Cromer, wo die Küstenerosion ähnlich wie bei Happisburgh eine große Rolle spielt. Clifton Way ist deshalb ein Erprobungsabschnitt, wo verschiedene Schutzmaßnahmen ausprobiert werden, riesige Felsbrocken zu £ 1.300 das Stück, vorwiegend aus Norwegen, hölzerne Buhnen und Wellenbrecher. Man hat versucht, Bäume auf den abgerutschten Klippen anzupflanzen, die aber wieder gestohlen wurden. Im benachbarten Sidestrand wurde in den 1800er Jahren die Kirche St. Michael weggerissen, obwohl der Kirchturm und der alte Friedhof am Klippenrand stehenblieben. Für den Londoner Journalisten Clement Scott war das sein Lieblingsplatz und er widmete ihm sein Gedicht "The Garden of Sleep":"On the grass of the cliff, at the edge of the cliff, God planted a garden - a garden of sleep...", der Maid of the Mill in seinen Artikeln über Poppyland. Scott hatte viele Kontakte zur Londoner Theaterwelt und seine Artikel veranlassten sie und Leute aus der Londoner Gesellschaft nach Overstrand zu kommen. Einige kauften Land und bauten Häuser und so wurde der Ort als ‚Village of the Millionaires' bekannt. Ein großes Hotel wurde am Klippenrand gebaut, aber auch dieses rutschte in den 1950er Jahren ins Meer.

Wer ein etwas lauteres Vergnügen sucht, mit ‚Amusement Arcades and all that', der fährt nach Great Yarmouth. Great Yarmouth wurde in der Nähe der römischen Garnison ‚Gariannonum' gegründet. Die Stadt an der Mündung des Flusses Yare ist seit 1760 Seebad und war jahrhundertelang Fischereihafen für den Heringsfang. Heute bedienen die Fischer die Ölbohrinseln vor der Küste. Vor der Küste ist auf den Scroby Sands ein Windpark mit 30 Generatoren entstanden. Charles Dickens, der im Royal Hotel an der Marine Parade wohnte, wählte Yarmouth als Hauptschauplatz für seinen Roman "David Copperfield". Anne Sewell, Autorin von "Black Beauty", wurde hier geboren. Great Yarmouth baute 2008 mit einem finanziellen Aufwand von £ 50 Mio die Hafenanlagen aus, die mit Basaltbrocken aus Norwegen befestigt werden. Nach der Fertigstellung hofft man auf ein Aufblühen der Wirtschaft, es werden Gespräche mit Fährunternehmen geführt, um Ro-Ro-Fähren anzuziehen, außerdem ist vorstellbar, dass Kreuzfahrtschiffe hier einen Zwischenstop einlegen, um die Schönheiten der Broads und von Norwich kennenzulernen.Die Seepromenade von Yarmouth, ‚The Golden Mile', zieht jedes Jahr Hundertausende an und die Marine Parade hat 12 Vergnügungshallen innerhalb von zwei Quadratmeilen. Es gib zwei Piers, die Britannia Pier und Wellington Pier, daneben befinden sich die "Winter Gardens".

In unmittelbarer Umgebung befinden sich die Überreste zweier römischer Kastelle: Garrianonum mit gut erhaltener Umfassungsmauer und Caister-on-Sea, von dem nur noch die Grundmauern zu sehen sind. Burgh Castle, das römische Fort Garrianonum liegt auf dem Ostufer des Waveney-Flusses und wurde für die Kavallerie angelegt, um Überfälle der Sachsen abzuhalten. Das Fort ist rechteckig angelegt und drei der ursprünglich vier dicken Mauern existieren noch, die vierte wurde ein Opfer des Meeres.

Und auch das gibt es in der ländlichen Idylle von Norfolk: Bacton ist eines der großen Gasterminals im VK, 1998 fertiggestellt und mit Zeebrügge in Belgien verbunden. Das Gas wird aus der südlichen Nordsee und von der ‚Shearwater Elgin Area Line' geliefert und dann an die Gaskunden im VK und nach Belgien verteilt. Der ‚Interconnector Bacton Terminal' wird auch für Gasimporte benutzt und kann 25,5 Mia Kubikmeter pro Jahr transportieren. Direkt an die Hochtechnologieanlage schließen sich die Ferienanlagen und Campingplätze mit den in England so vertrauten Caravan Parks des Badeortes Bacton an.

Dank der Vermittlung von Angela Dugdale von den Broadland Singers konnten wir mit einer Schülergruppe die exklusive Public School Gresham's in Holt besuchen. Die Schule wurde 1555 von Sir John Gresham, Kaufmann, Mayor of London gegründet, der für Heinrich VIII. arbeitete. Als Schule stellte er sein Manor House in Holt zur Verfügung, stattete Gresham's üppig mit Geld aus und stellte es unter die Treuhänderschaft der ‚Worshipful Company of Fishmongers' in London, mit der bis heute enge Verbindungen bestehen. 350 Jahre lang war die Schule im ‚Old School House', oder ‚Osh', am Marktplatz von Holt untergebracht und nach einem Feuer auf einem neuen Campus am Ostende der Stadt errichtet. Ab 1961 wurden Mädchen aufgenommen. Im Februar 2005 begingen 1.500 ‚Greshamians' unter ihrem Schirmherrrn, dem Herzog von Edinburgh, die 450-Jahrfeier. Liest man die Liste der ‚notable Old Greshamians', versteht man, warum die Presse schrieb "a school which changed the world." Die meisten Schüler sind ‚Boarders' (Internatschüler), aber es kommen auch viele ‚Day Boys' - und ‚Girls' - aus der Umgebung, die oft erst spät abends aus der Schule heimkommen, da dort viele interessante ‚Activities' angeboten werden.
Die Zulassung zur Schule hängt vom ‚Common Entrance Examination' ab, das man zwischen 11 und 13 Jahren ablegen kann, wobei Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften verpflichtend sind. Die Schule will eine gute Allgemeinbildung geben und auf die führenden britischen Universitäten wie Oxford, Cambridge, St Andrews, Bristol, Durham und Edinburgh oder für andere Karrieren wie z.B. die Streitkräfte vorbereiten. Es gibt mehrere Sportplätze, die Schule hat ihr eigenes Hallenbad, Squash-, Tennis- und Badmintonplätze, Sporthallen und riesige Wälder. Ihr gehört ein Boot im Barton Broad, ein Jagdhaus in Bisley und ein Schießstand in der Schule. Gresham's ist eine Gründung der ‚Church of England', aber die Schule ist für alle Religionen offen. An vier Tagen findet in der Chapel Morgenandacht statt. Der Abend wird mit formalen Gebeten in jedem Internatsgebäude beschlossen. Es gibt ein Schulorchester, einen Schulchor, ein ‚Duke of Edinburgh's Award Scheme' und eine Vielzahl von Schulclubs wie z.B. die ‚Debating Society', die ‚Natural History Society', den ‚Sailing Club', und den Schachclub. Die Schule hat eine lange Militärtradition, vor dem Zweiten Weltkrieg gab es ein Offizierstrainingscorps, das 1948 in ‚Combined Cadet Force' (CCF) umbenannt wurde und für militärisches Training sorgt. Die Armeeabteilung der CCF ist mit dem ‚1st Battalion of the Royal Anglian Regiment' und dem ‚1st East Anglian Regiment' verbunden und hat ca. 270 Schüler als Kadetten. Weitere 130 sind in der Luftwaffenabteilung der CCF. Einmal pro Woche wird trainiert. Sie üben Schießen, Expeditionen, Kampfmanöver, Hinterhalt und Ausdauertraining, Signaltraining, Orientierungslauf, Bergsteigen, Kayakfahren, Erste Hilfe und Lebensrettung, Schlossern am Auto und Hovercraftkonstruktion. Die Internatskosten betrugen 2006-07 bis zu £ 21.705. Im September 2005 gehörte Gresham's zu den führenden britischen Schulen wie Ampleforth, Eton, Charterhouse, Harrow, Haileybury, Marlborough, Rugby, Shrewsbury, Stowe, Wellington und Winchester. Unnötig zu erwähnen, dass unsere Schüler zutiefst beieindruckt waren.

2005 - Tea Shop
Happisburgh Küstenerosion
2008 - Tea Shop aufgegeben

In a farewell address Diana Wrightson, the owner of the tea shop-cum-guesthouse in a Victorian terrace, which he had bought in 1980, wrote: "Please note, Cliff House is no longer a tea shop. We thank all our visitors for their custom over the past 26 years. We shall miss you all. Jill and Di."

Ich hatte schon mehrfach von der Küstenerosion bei Happisburgh gehört und beschlossen, dem Ort einen Besuch abzustatten. Von weitem sah die Landschaft mit dem Leuchtturm sehr friedlich aus, aber wenn man etwas näher kam, konnte man die erschreckenden Auswirkungen der Küstenerosion feststellen. Die Regierung weigert sich, die Küstenbefestigung zu reparieren, die geschätzte 10 Mio Pfund kosten würde. Die Politik seitdem heisst "managed retreat". Dieser Abschnitt der Küste ist der am stärksten betroffene im Osten Englands.


Happisburgh Lighthouse